Als ich vor etwas längerer Zeit das Wort ‘ Alpenüberquerung ‘ in meinem Freundeskreis aufschnappte wusste ich sofort, da muss ich mit. Und so oder so ähnlich muss es wohl auch den anderen ergangen sein, denn schließlich haben sich sechs Verrückte gefunden, die diese Tour auf dem E5 Fernwanderweg anstrebten.
Nur was packt man denn da so alles ein? 10-12 Kilogramm hieß es maximalst, meiner wog natürlich minimal 13 kg. Eh klar, wie immer bleibt es mir auch hier ein Rätsel wieso mein gepackter Rucksack schwerer ist als der der anderen, obwohl ich gefühlt nicht mehr, sondern eher weniger dabei hatte.
Mein Tipp vorab für alle, die ähnliche Ziele haben: Bucht die Hütten im Voraus, bzw. reserviert diese! Denn oft sind die Hütten ausgebucht und euch steht eventuell eine zusätzliche Wanderung von mehreren Stunden zum bereits Gegangenen bevor, was nicht ohne ist.
Jetzt aber los. Getroffen haben wir uns zu unserer Alpenüberquerung am Hauptbahnhof in Regensburg. Die meisten haben sich erst dort kennengelernt und im Laufe der Wanderung ist die Gruppe immer näher zusammengewachsen. Noch schnell die Bayerntickets gekauft und rein in den Zug. Umgestiegen sind wir in München Hauptbahnhof und am Bahnhof in Buchlohe. Nach etwa 4,5 Stunden Fahrtzeit sind wir dann in Oberstdorf angekommen.
Raus aus dem Zug und erstmal Einkaufen, denn für die erste Nacht der Alpenüberquerung hatten wir ein Hostel gebucht und wollten uns selbstversorgen, was uns schlussendlich mit 1,5 kg Nudeln für 6 Personen relativ gut gelang.
1. Etappe Oberstdorf – Spielmannsau
Die ganze Zugfahrt hatte es nicht geregnet. Und wie das hald so ist begann der Regen pünktlich zum Start unserer Tour. Also Regenschutz über den Rucksack und los ging die Wanderung ins 2 Stunden entfernte Spielmannsau. Etwa 170 Höhenmeter bergauf waren zu meistern, was wir auch in Etwa der Zeit geschafft haben. Am Abend wurde dann fleißig Karten gespielt, was wir auch bis zum Ende der Tour so beibehielten, wobei jedes mal ein regelrechter Kampf untereinander um den Sieg entstand. Zur späteren Stunde fielen wir verschlafen ins Bett und wachten erst gegen 6 Uhr am nächsten Morgen wieder auf.
2. Etappe Spielmannsau – Madau
Erstes freudiges Fünkchen Hoffnung: Es hat nicht geregnet als wir losmarschiert sind, zumindest die ersten 3-4 Stunden. Deshalb erstmal verlaufen, denn wir hatten heute ja nur 7 Stunden vor uns, dachten wir zumindest. Dazu aber später mehr. Ein freundlicher Baggerfahrer hat uns nach dem ersten Anstieg des Tages erklärt, dass unser Weg nicht weiter führt und wir alles nochmal zurück gehen müssen. Gut, waren nur 10 Minuten und wir sahen es als Warm-Up für die Tagestour. Also rauf auf den Berg, durch Schluchten, über Bäche, vorbei an Gerölllawinen.
Dann kam der Nebel, die Feuchtigkeit und die Kälte. Ja, es wurde plötzlich ziemlich frisch und die Sichtweite änderte sich minütlich. Aber wir konnten uns schließlich zur Kemptner Hütte auf 1844m vorkämpfen und sahen dort sogar mehrere Murmeltiere. Weiter gings Richtung Mädelejoch, wo wir auf 1974m die erste Grenze unserer Alpenüberquerung nach Österreich überschritten. Damit war der höchste Punkt des Tages erreicht und von nun an ging es für die nächsten Stunden nur noch bergab. Und dieser Abstieg zog sich ewig. Wieder vorbei an rauschenden Bächen, über schmale Holzbrücken und sogar über eine 200 Meter lange Hängebrücke, 111 Meter über dem Abgrund war schon ein Highlight.
Bereits jetzt traten die ersten Ermüdungserscheinungen des Tages auf, ein Wegweiser verriet uns noch 3,5 – 5 Stunden bis zu unserem Ziel. Ja wie, wir waren bereits die angenommenen 7 Stunden unterwegs und sollten jetzt nochmal so lang laufen? Ein Abstecher ins Tourismusbüro machte uns zuversichtlich und so traten wir den weiteren Weg an.
Völlig fertig kamen wir dann schlussendlich nach geschlagenen 11 Stunden in unserer Unterkunft in Madau an, ein kleines Bettenlager. Wieso auch immer wir so lang für den Weg brauchten, der erfrischende Almdudler beim Abendessen stimmte alle wieder freudig darauf ein, was uns die nächsten Tage auf unserer Alpenüberquerung noch erwarten würde.
3. Etappe Madau – Memminger Hütte
Für den dritten Tag unserer Alpenüberquerung hatten wir eine kurze Tour eingeplant. In etwa 3,5 Stunden wollten wir von Madau aus die Memminger Hütte auf 2242 Metern erreichen. Den Materialtransport per Seilbahn ließen wir links liegen und machten uns auf den Weg bergauf. 3,5 Stunden nur bergauf ist zwar anstrengend aber es hat sich mehr als gelohnt. Vorbei an Steinböcken, nach unzähligen Fotos und Schnappschüssen erreichten wir die wunderschön gelegene Memminger Hütte. Und es war eisig kalt darin.
Nach einer Suppe ging es allen schon wieder besser und so machten wir uns ohne Gepäck auf den Weg auf die naheliegende Seekogel. Von dort aus sieht man wunderbar den Startpunkt der 3. Tagestour der Alpenüberquerung und auf die umliegenden Berge und Bergketten. Ja Wahnsinn, diese 30-minütige Wanderung von der Memminger Hütte aus bei schönem Wetter unbedingt mit einplanen!
Für die Nacht war ein regelrechter Sternschnuppenschauer vorhergesagt. Gesehen haben wir aber nur ganze zwei. Und ab gings ins Matratzenlager.
4. Etappe Memminger Hütte – Zams
Von der Memminger Hütte starteten wir gegen 6.30 Uhr unseren weiteren Weg über die Alpen Richtung Italien. Der höchste Punkt heute war die Seescharte auf 2599 Metern Höhe. Bereits beim Start schneite es leicht und es waren noch gut 350 hm bis dort hinauf. Ein sehr steiler Anstieg, nicht ganz ungefährlich, denn der Weg besteht mehr aus Geröll und Kiesel als wie aus festem Untergrund. Oben angekommen hatten wir kaum mehr Sicht, da der Nebel alles dunkel verhüllte. Aber immer weiter, denn es standen heute insgesamt 1800 hm Abstieg bevor. Einen Tag später erfuhren wir, dass es auf diesem Weg wenige Stunden nach unserer Wanderung einen halben Meter Schnee gab und die Wanderer und Bergsteiger sich regelrecht durchkämpfen mussten. Da hatten wir wohl nochmal Glück.
Der Abstieg gestaltete sich als ziemlich lang, landschaftlich aber, soweit es die Sicht zuließ, wunderschön. Stets am Rande einer Schlucht entlang Richtung Tal.
Nach einem schier nicht endend wollenden Abstieg erreichten wir unser viertes Quartier der Alpenüberquerung in Zams. Ein Gästehaus, Luxus, den wir seit Tagen schon nicht mehr kannten. Jeder hatte sein eigenes Bett, es war warm und sogar unsere Wäsche wurde gewaschen.
Nach einer ausgiebigen Dusche machten wir uns auf den Weg zum Einkaufen. Wir hatten geplant am Abend Wraps zu machen und es hat richtig gut geschmeckt, dazu natürlich Almdudler, wenn man schon mal in Österreich ist.
Den Abend verbrachten wir wieder mit Karten spielen, nicht zu vergessen die obligatorische Gruselgeschichte vorm Schlafengehen bevor wir dann alle in Tiefschlaf verfielen.
5. Etappe Zams – Gletscherstube
Nach einem ausgiebigen Frühstück starteten wir den heutigen Tag der Alpenüberquerung mit einer Seilbahnfahrt.
Vom Ort Zams ging es in etwa 8 Minuten mit der Venetbahn auf den 2208 Meter hoch gelegenen Krahberg. Von dort aus folgte eine Wanderung auf den höchsten Punkt dieses Tages auf den Venetberg, 2512 Meter über dem Meeresspiegel, inklusive Gipfelkreuz. Unzählige Fotos belegen unsere Wanderung dorthin. Über das Kreuzjoch stiegen wir auf die Larcher Alm ab, wo wir sogar ein Lama sahen. Hier machten wir eine kurze Pause, eine von wenigen längeren Pausen übrigens bisher. Zu erwähnen auch, dass es der erste richtig schöne Tag war. Kaum eine Wolke war am Himmel zu sehen und bei gut 27 Grad im Schatten wurde uns definitiv auch nicht kalt.
Weiter ging der Abstieg in den Ort Wenns, von wo aus wir mit dem Bus weiterfuhren. Ca. 1 Stunde Busfahrt erspart hier zwei Tage Wanderung und war mal ganz angenehm zwischendurch. Durch die lange Busfahrt wurden allerdings unsere Beine wahnsinnig müde, die dachten wohl wir wären schon am Ziel. Naja also raus aus dem Bus und noch eine halbe Stunde wandern bis zur Gletscherstube auf 1891 Metern. Hier gab es übrigens den ersten Kaiserschmarrn. Da ist man tagelang schon in Österreich und es gibt nicht auf einer Hütte Kaiserschmarrn, wieso?
6. Etappe Gletscherstube – Vent
Die sechste Etappe unserer Alpenüberquerung führte uns von der Gletscherstube über das Rettenbachjoch hinab ins Tal nach Vent.
Los ging es also gegen 7 Uhr, nachdem wir das komplette Bettenlager aufgeweckt hatten, da alle anderen erst später losgehen wollten, aber was solls. Und hier gabs ein richtig gutes Müsli zum Frühstück, das sog. Bircher-Müsli, unbedingt mal probieren, ich konnte mich schon gar nicht mehr dran erinnern.
Also raus in den Schatten, die ersten Gipfel wurden bereits von der Sonne angestrahlt, was Vorfreude in uns weckte. Die Wanderung war teils ziemlich steil, oft an einer Drahtseilsicherung entlang Richtung Braunschweiger Hütte. Oben angekommen machten wir erstmal Pause in der strahlenden Sonne. Der weitere Weg führte uns hinauf auf 2995 Meter zum Rettenbachjoch, was für tolle Ausblicke, Wahnsinn! Zwischendurch machten wir zur lockeren Entspannung noch ein paar Liegestützen in voller Montur, das muss wohl die dünne Luft gewesen sein um auf so einen Gedanken zu kommen.
Und dann gings bergab, durch Schnee, Eis und Geröll, auf der schwarzen Piste. Ja, ihr habt richtig gehört wir sind die schwarze Piste in der Sölden Arena zum Teil durch Schnee und Eis bergab gewandert, eher geschlittert. Krank, nur wenige Zentimeter Schnee und darunter das blanke Eis, war gar nicht mal so cool.
Vom Rettenbachferner fuhren wir am vorletzten Tag der Alpenüberquerung etwa 10 Minuten mit dem Bus zum Tiefenbachferner, da es hier keinen Weg für Wanderer, sondern lediglich einen Tunnel gibt, welchen man zu Fuß nicht durchqueren kann. Immer weiter bergab vorbei an Schafen und Kühen erreichten wir auf 1896 Metern das Dorf Vent.
Nach dem Einchecken gabs Abendessen, heute in einer Pizzeria im Ort, als Stärkung für den letzten Tag.
7. Etappe Vent – Vernagt
Letzter Tag der Alpenüberquerung und die Vorfreude stieg auf das Ankommen in Meran. Allerdings mischte sich doch ziemlich viel Wehmut darunter, da es heute auch schon wieder vorbei sein würde mit dem gemeinsamen Wandern. Wir waren mittlerweile eine ziemlich coole Truppe geworden.
1150 Höhenmeter Aufstieg und gut 1300 Höhenmeter Abstieg standen bevor. Über die Martin-Busch-Hütte gings hinauf auf den höchsten Punkt der Alpenüberquerung auf 3019 Meter. Zu unser Verwunderung mussten wir nur einmal kurz übers Eis klettern, kein Schnee zum durchqueren. Man spürte wie die Luft immer dünner wurde und das Atmen schwerer fiel. Aber schließlich haben wir es alle hinauf geschafft, uns trennte somit nur noch ein 2,5 stündiger Abstieg zum Vernagt Stausee.
Vor dem finalen Abstieg stärkten wir uns nochmal in der Similaunhütte, am höchsten Punkt mit einer deftigen Brotzeit, bzw. Kaiserschmarrn. Ein kurzer Regenschauer und ein Gewittergrollen ließen uns kurz etwas schneller wandern, war aber nur von kurzer Bedeutung. Bereits wenige Minuten nach ein paar Tropfen schien wieder die Sonne und wir setzten den Abstieg gemütlich fort.
Und dann war es geschafft. Singenderweise ließen wir die letzten Kilometer hinter uns und erreichten erleichtert den Vernagt Stausee.
Von hier aus ging es mit dem Bus und dem Zug in 1,5 Stunden nach Meran wo wir erstmal in unsere letzte Unterkunft eincheckten.
Meran
Um unsere gemeinsame Alpenüberquerung gemütlich ausklingen zu lassen entschieden wir uns noch 2 Tage in Meran zu verbringen. So schlenderten wir durch die Gassen dieser wunderschönen Stadt mit einem ganz besonderen Flair, genossen unser Leben und besichtigten zum Schluss auch noch das Dorf Tirol mit dem Schloss Tirol bevor es dann wieder zurück nach Hause ging.
Fazit:
Es war eine richtig schöne Tour, traumhafte Ausblicke und super Momente mit einer richtig coolen Gruppe, da vergisst man gerne das Regenwetter der ersten Tage.
Zum Abschluss noch unser selbstgeschriebenes Lied, jede Zeile wird erst von einer Person vorgesungen, danach von der Gruppe wiederholt:
“Bleim d’Leid steha.
Und sie frang uns:
Wo kummts ihr her?
Und wo wollts ihr hi?
Und dann sang mia:
Mia san aus Rengschburg,
vom wunderscheena Rengschburg.
Und wollen nach Meran,
dann ist der Weg getan.
Mia kemma ja aus Bayern,
und damma recht vui feiern.
Am Mittwoch fahrma hoam,
sonst warn ma ja gstorm.
Servus, Habadere,
meine Preiselbeere!”
Daten & Infos zur Alpenüberquerung
Strecke: ca. 111 km
Höchster Punkt: 3019 m
Aufstieg: ca. 7916 m
Abstieg: ca. 7209 m
Gemachte Fotos: 50 GB
Verkehr und Unterkünfte:
Anfahrt Regensburg – Oberstdorf: Deutsche Bahn
Unterkunft 1. Etappe: Mountain Hostel Spielmannsau
Unterkunft 2. Etappe: Haus Hermine
Unterkunft 3. Etappe: Memminger Hütte (unbedingt reservieren!)
Unterkunft 4. Etappe: Haus Tschuggmal Zams
Unterkunft 5. Etappe: Gletscherstube
Unterkunft 6. Etappe: Haus Eberhard Vent
Unterkunft 7. Etappe / Meran: Youth Hostel Meran
Abfahrt Meran – München HBF: Südtirolbus
Abfahrt München – Regensburg: Deutsche Bahn
Weitere Infos mit genauem Höhenprofil gibts hier.